Am Anfang war der Protest

Die AV feiern nicht nur ihr 25-jähriges Bestehen, sondern auch eine erstaunliche Entwicklung

Von Markus Meßner

Vohburg (DK) Im September 1989 haben sich die Aktiven Vohburger gegründet. Das ist genau 25 Jahre her. Nach dem euphorischen Start musste die junge Truppe einen herben Rückschlag hinnehmen. Heute stehen sie so gut da wie noch nie und haben große Ziele.


Gut gelaunt haben die Aktiven Vohburger von den Anfängen vor 25 Jahren erzählt. Peter Schärringer (von links), Roswitha Eisenhofer, Sepp Steinberger, Caroline Lindner und Werner Ludsteck haben von früher erzählt, von der Gegenwart berichtet und von ihren Plänen gesprochen. Foto: Meßner

Werner Ludsteck und Sepp Steinberger radeln den Burgberg hoch. Sie sind mit dem Fahrrad zum Pressetermin gefahren. Vor 25 Jahren gegründet, stellen die Aktiven Vohburger (AV) heute, gleichauf mit der SPD, die stärkste Stadtratsfraktion. Um Bilanz zu ziehen, sind auch die zweite Bürgermeisterin Roswitha Eisenhofer und die nächste Generation, Stadtrat Peter Schärringer und Kassierin Caroline Lindner, gekommen.

Ein starker Teil der Wurzeln der AV liegt im Naturschutz. Das beschränkt sich nicht nur aufs Fahrradfahren der beiden Gründungsmitglieder. Durch den damaligen Bau der Donaubrücke und vorher schon der Staustufe ist viel Auwald zerstört worden. Dagegen haben sie protestiert. Aber weil man mit dem Bund Naturschutz keinen kommunalpolitischen Einfluss ausüben kann, kam die Idee auf, eine politische Vereinigung ins Leben zu rufen. „Wir waren die Grünen“, sagt Eisenhofer.

Das ist die eine Seite. Die andere, das war die politische Situation anno 1989. Ludsteck beschreibt die Stadtratsarbeit damals als „konservative Politik im Hinterstübchen“. Entscheidungen wurden hinter verschlossenen Türen gefällt, die Bürger bekamen von all dem wenig mit. Dem wollten die AV etwas entgegensetzen, etwas Frisches, etwas Neues und Offenes. Also sind sie im Wahlkampf angetreten, um alte Mauern einzureißen, festgefahrene Strukturen aufzulockern. Das Wahlergebnis 1990 war für Vohburg ein politisches Erdbeben. Auf Anhieb holten die AV vier Sitze, die etablierten Parteien verloren. „Wir waren frech“, erzählt Steinberger. Immer wieder sprachen sie deutlich Missstände an, hakten nach, waren unbequem. Sie seien angefeindet worden damals, erinnert sich Steinberger.

„Wir haben einfach Lehrgeld zahlen müssen.
Werner Ludsteck

In Vohburg machte sich das geflügelte Wort „17:4“ breit. Die vier AV-Stadträte seien immer dagegen, hieß es. Nach dem Anfangselan sind die AV in die Protestecke gedrängt worden. Die etablierten Parteien schoben kräftig mit und die jungen AV waren nicht ganz unschuldig daran. „Wir haben einfach Lehrgeld zahlen müssen“, sagt Ludsteck. Die Quittung folgte auf dem Fuß. 1996 kamen nur noch Eisenhofer und Ludsteck in den Stadtrat. „Wir haben den Bogen vielleicht etwas überspannt“, analysiert Eisenhofer.

An diesem Wendepunkt haben sich die Aktiven neu aufgestellt. Sie sind stärker in die Ortsteile gegangen und haben das „Aktive“ in ihrem Namen noch mehr hervorgehoben – nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich-kulturell. 44 Musikbands, zwei Lesungen, ein Dutzend Vorträge und noch mal so viele Kabarettveranstaltungen haben sie in den vergangenen 25 Jahren veranstaltet. Alles auf eigene Kosten.

Mittlerweile hat sich das Gesamtklima im Stadtrat geändert. Die Fraktionen arbeiten konstruktiv und sachbezogen zusammen. Das kommt den AV entgegen. Dennoch haben sie sich den Ruf erhalten, irgendwie anders zu sein. Das unterscheidet sie von CSU, SPD und FW. „Die anderen sind mir zu sehr eine Linie“, sagt Schärringer, und Lindner spricht vom „Wasserkopf“, den die bekannten Parteien immer mitschleppen müssten im Gegensatz zur flachen Hierarchie der AV.

Die neue Ausrichtung hat sich bezahlt gemacht. Mit ihren sechs Sitzen im Stadtrat und dem Posten der zweiten Bürgermeisterin sind die Möglichkeiten heute so groß wie nie. „Wir haben einen wesentlichen Einfluss auf die Meinungsbildung in Vohburg“, glaubt Ludsteck.

Man sei nicht so vermessen zu behaupten, alles alleine auf den Weg gebracht zu haben. Aber bei wichtigen Themen wie Einheimischenmodell, Bürgersaal und Dreifachhalle habe man „kräftig angeschoben“, meint Ludsteck. Die AV-Verantwortlichen sehen das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. „Man braucht ja Visionen“, sagt Lindner. Acht Stadträte halten die AV für realistisch. Und dann wäre da auch noch der Posten des Bürgermeisters.

Von Markus Meßner
Foto: Meßner
DK 27./28. September 2014