Wie im Wohnzimmer

In heimeliger Atmosphäre begeistern Austria 4plus das Publikum im ausverkauften Warmbadsaal

Von Markus Meßner

Vohburg (DK) Schon nach wenigen Takten verblasst die Gegenwart, und Erinnerungen werden lebendig. Ähnlich wie Gerüche, die unvermittelt ein längst verschütt gegangenes Bild wieder an die Oberfläche spülen, vermag auch die Musik dieses Kunststück. So hören die Zuhörer im heillos ausverkauften Warmbadsaal am Samstag in Irsching nicht nur die Lieder, sondern schwelgen auch in den aufblitzenden Momenten der eigenen Jugend.

Vielleicht lautet so das Erfolgsgeheimnis von Austria 4plus . „Für a Handvoll Schilling“ heißt das Programm aus altbekannten Austropop-Songs, das die fünf Musiker an diesem Abend zum vorerst letzten Mal spielen. Die Band legt nun erst mal eine Pause ein, um ein neues Programm zu erarbeiten und dann wieder aufzutreten.

Der Name Austria 4plus täuscht mittlerweile. Waren es ursprünglich vier österreichische Schauspieler vom Stadttheater Ingolstadt, die sich zusammengetan haben, sind es mittlerweile nur noch drei: Peter Reisser, Richard Putzinger und Stefan Leonhardsberger. Aber Bayern und Österreich vertragen sich ja gut, und so werden die Profimusiker Martin Schmid und Martin Funk – sie kommen aus Augsburg und Neuburg – kurzerhand als „Burgenländer“ eingebürgert.

Als die fünf unter Applaus auf die Bühne treten, haben sie zwei Zwei-Liter-Flaschen Veltliner dabei. Der Veltliner ist die wichtigste Rebsorte Österreichs und allein diese Geste unterstreicht die Atmosphäre des Abends. Man sitzt mit Freunden beim Heurigen, trinkt ein, zwei, viele Glaserl Wein und macht etwas Musik. Dass in den Flaschen nur Apfelsaft war – einerlei. Der musikalischen Qualität mag es wohl gutgetan haben. Denn die Flaschen waren am Ende fast leer. Die Lieder selbst sind von zeitloser Schönheit, die Texte unübertroffen.

Alleine die Zeile „Es lebe der Zentralfriedhof“ von Wolfgang Ambros aus dem Sommer 1975 drückt mehr über das Lebensgefühl der Wiener aus als manches Buch. Und gibt es eine bessere Hommage an den Großvater, als das gleichnamige Lied, das Steinbäcker, Timischl und Schiffkowitz veröffentlicht haben? Überhaupt STS: Der Abend ist gespickt mit Liedern der Gruppe. Und Wolfgang Ambros natürlich und Georg Danzer.

Sogar ein Song von Ludwig Hirsch hat es in das Programm geschafft, auch wenn der tragikomische Text die Stimmung gut zwei Meter unter die Erde bringt. Aber das bleibt die Ausnahme, das Konzert bleibt heimelig und fröhlich. Dazu tragen natürlich die drei musizierenden Schauspieler mit ihren Frotzeleien und Geschichten bei. Als Bühnenprofis wissen sie einfach, wie man eine Pointe setzt. Zwei Songs an diesem Abend sind nicht österreichischen Ursprungs. Statt „Everybody Hurts“ von REM singen Reisser und Co. „Jeder hat sein’ Schmerz“ und der fulminante Auftritt von Leonhardsberger als Prince mit einer Übersetzung von „Purple Rain“ ist sicher einer der Höhepunkte des Abends.

Gegen Ende des Konzerts folgt ein Stimmungskracher dem nächsten. Rainhard Fendrichs „Macho, Macho“ oder auch Peter Cornelius mit „Du entschuldige, I kenn di“. Weite Teile des Publikums singen längst jede Zeile mit. Dass es nach rund zweieinhalb Stunden Standing Ovations gibt, versteht sich von selbst.

Für Austria 4plus war der Auftritt in Vohburg, den die Aktiven Vohburger organisiert hatten, ein Selbstläufer. Peter Schärringer hatte zur Begrüßung ein „besonderes Konzert“ versprochen – und die Zuschauer wurden wahrlich nicht enttäuscht.


"Für eine Handvoll Schilling" heißt das Programm von Austria 4plus , das sie zum vorerst letzten Mal gespielt haben. Nicht nur das Publikum hatte gut lachen, auch Martin Schmid (von links), Martin Funk, Peter Reisser, Richard Putzinger und Stefan Leonhardsberger schienen Spaß an der Sache zu haben.

Von Markus Meßner
Foto: Meßner
DK 20.09.2016